8 Tage auf See – 28.04. bis 05.05.2016

Puerto Rico, Palmas del Mar – Panama, Bocas Del Torro

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Wir verlassen um 9.30 Uhr die Marina Palmas del Mar als erstes. OOROO1 startet 5 Minuten später. Unsere Route verläuft von Puerto Rico aus, schräg nach unten, nach Panama und zwar ziemlich genau in der Mitte zwischen Puerto Rico, Dominikanische Republik, Haiti und Jamaika auf der Steuerbord Seite und Venezuela und Kolumbien auf der Backbord Seite.

In der Nacht vor der Abfahrt hatte es sehr stark geregnet und gewittert auf Puerto Rico. Als wir aus der Marina heraus kamen, sah das Wasser gelblich-braun aus. Ich dachte zuerst es sei evtl. recht flach in diesem Stück, aber mein Skipper und unser Tiefenmesser sagten 12 – 15 Meter und mehr. Bis wir den ersten Bambusstamm, eine Unmenge an Gras entdeckten und sahen, dass das Meer plötzlich voller riesiger herumtreibender Bambusstämme und Gras ist. Offenbar von dem Starkregen über einen Fluss ins Meer gespült. Daher auch die Farbe des Wassers.

Ich saß also oben auf der Lounge und beobachtete die linke Seite des Schiffes, während Berthold die Stämme auf der Steuerbordseite ausfindig machte. Wir kamen und vor wie in einem Computerspiel in dem man 5 – 8 Meter langen dicken Bambusstämmen ausweichen muss um das erste Level zu erreichen. Besonders haarig wurde es, als viele dieser Stämme auf engem Raum umzingelt von Seegras in einem Bogen vor uns schwammen und wir uns eine Lücke suchen mußten um hindurch zu kommen. Aber dieses Level haben wir gut gemeistert – zum Glück.

Mit ca. 2 sm Abstand sind wir dann gemeinsam mit der OOROO in Richtung unseres gemeinsam ausgemachten Wegepunktes mit Genaker-Besegelung gefahren. Leider kommen die Wellen wieder schräg von hinten bzw. eher von der Seite, was ich nicht so gut vertragen kann. Es ist mir nicht schlecht, aber immer ganz leicht schwindelig und das ist doch unangenehm auf Dauer. Jedoch weiß ich ja, dass das am nächsten Tag dann besser bzw. weg ist. Und so war es dann auch. Die Wellen kommen weiterhin von schräg hinten und sind leider auch etwas höher als angekündigt, aber zumindest ist mir nicht mehr schwindelig.

Am Mittag des zweiten Tages sah ich von Weitem einen großen Blas und kurz darauf noch zweimal und etwas Schwarzes. Ein Wal. Wie schön. Als ich später mit Leanne per VHF redete, sagte sie mir, dass sie den Wal auch gesehen haben. Am Abend schwamm dann noch eine große Delfinschule um uns herum, spielte, sprang und schwamm hin und her. Endlich einmal wieder. Wir wundern uns schon länger darüber, wo all die Delfine geblieben sind.

Da die Windrichtung ab dem nächsten Morgen für das Parasegel optimal ist, fährt die OOROO1 mit Parasegel einen leicht anderen Kurs und ist nach einer Stunde aus unserem Blickfeld und leider am Abend auch aus dem VHF-Bereich verschwunden. Zur Not könnten wir uns über das Satellitentelefon erreichen.

Wir ändern den Kurs auf „direkt zur Red Frog Marina“, haben meistens guten Genakerwind und kommen auch sehr gut voran. Für die Nächte fahren wir in den ersten Nächten nur mit der Genua, das ist ein ruhigeres Fahren und da der Wind derzeit in der Nacht stärker ist, kommen wir immer noch sehr gut weiter. Unsere Genua ist mein absolutes Lieblingssegel. Es ist stabil, hält einiges an Wind ohne weiteres aus, es beschert auch bei stärkerem Wind ein ruhiges Segeln, macht gute Geschwindigkeit und zieht unsere Sempre due immer gut voran. Nach fast zwei Dritteln der Strecke, 701 Seemeilen haben wir eine Durchschnittsgeschwindigkeit von genau 6 Seemeilen/Stunde. Das ist doch ganz schön flott für unsere Besegelung. Ich hoffe, das bleibt die restlichen 382 sm so.

Ach so, natürlich haben wir auch wieder geangelt. Mike hat mit Berthold vor der Abfahrt noch eine Rolle gebastelt, die wir zusätzlich zur Angel hinter uns her ziehen. Und tatsächlich – am dritten oder vierten Tag, haben wir einen für unsere Verhältnisse recht großen Wahoo an der Angel. Ca. 1,20 Meter ist er lang. Er bekommt einen ordentlichen Schluck Fusel-Rum, verliert seine schönen Streifen und wird filetiert. Danach packen wir das Angelequipment ein, denn die Ausbeute an Fischfleisch reicht für die komplette Überfahrt.

Die Tage verbringen wir abwechselnd mit schlafen, herumsitzen, ab und an einmal Segel wechseln, Berthold kann bei dem immer noch heftigen Geschaukel lesen, ich leider nicht. Und natürlich mit kochen und reden und aufräumen. Ach so, ein paar Turnübungen dürfen nicht fehlen um fit zu bleiben. Bis heute waren die Wellen doch recht hoch und schaukelig, so dass alleine schon das ständige Ausgleichen und das sich Festhalten ganz schön anstrengend waren.

Die Nächte verbringen wir zu Anfang der Fahrt im drei Stunden Rhythmus abwechselnd mit Schlafen und Wachen (ändern den Rhythmus ab dem vierten Tag auf vier Stunden). Wache bedeutet in die Dunkelheit und zu den Sternen zu blicken, falls der Himmel klar ist und den Bildschirm im Auge zu behalten. Ab und zu das Radar zu starten um nach evtl. Squalls zu schauen. Interessanter Weise begegnen uns die großen Frachter fast ausschließlich in den Nächten. Ich frage mich, wo die tagsüber herumhängen. Falls mal einer zu nahe kommt kann man sich über Funk einigen, ob er vor uns oder hinter uns durchfährt. Solange wir unter Segel sind, haben wir immer Vorfahrt und er muss ausweichen, aber bei einem 200-300 Meter-Frachter fragt man dann doch lieber mal nach.

In den ersten Nächten hatten wir einige Gewitter, die mir doch schon ziemlich unheimlich sind hier auf dem Wasser. Aber bisher ist alles gut gegangen und die vergangene Nacht war komplett gewitterfrei, nur ein paar Mal Wetterleuchten in der Ferne.

Das stimmt optimistisch für den Tag, denn der gestrige begann mit wirklich lange andauerndem, sehr starkem, wie Herr Wache von Weltwetter sagt „ausgiebigem“, Regen. Das Schiff ist salzwasserfrei und schön sauber. Man soll ja in allem etwas Positives sehen. Kaum war der Regen vorbei, flatterte etwas braunes auf unser Schiff und als ich genauer hinsehe, ist es ein ca. 15 cm großer hellbrauner Schmetterling, der sich kurz ausruht und dann wieder hoch in die Lüfte schwingt. Wie er diesen starken Regen gemeistert hat, ist mir ein Rätsel.

Die nächste Tiergeschichte begab sich dann in der Nacht. Berthold hatte gerade seit einer Stunde Wache und saß draußen, ich lag friedlich im Bett und schlief, als ich von einem lauten Plumps aufwachte, der sich anhörte als wäre eine Plastik-Wasserflasche umgefallen. Der aufmerksame Leser unseres Blogs ahnt es schon. Ich mache die Augen auf, blicke nach oben und sehe, dass auf dem Fliegengitter des Fensters ein Fliegender Fisch zappelt und zappelt. Berthold, der genau neben dem Fenster gesessen hatte sprang direkt los um Küchenrolle zu holen um den glitschigen Fisch fangen zu können. Ich sitze im Bett, Berthold greift zu – und weil es mitten auf dem Wasser keine Moskitos gibt, ist das Fliegengitter nur ganz leicht eingehängt. Von dem beherzten Griff Bertholds öffnet es sich und plumps zappelt der stinkige Fisch auf Bertholds Bettseite. IIIIIIHHHHH, Berthold, der Fisch, der Fisch. BAHH der stinkt. Oh nein, das Bett. IIIHHH.

Berthold rettet mich 🙂 und den Fliegenden Fisch, den er ins Wasser zurück wirft. Ich beziehe das Bett neu, zum Glück riecht außer dem Betttuch das Bett nicht nach dem Fisch. Dann schrubbe ich das Fliegengitter, reibe es mit Zitrone ein, denn der Fischgeruch ist auf dem Netz wirklich hartnäckig. Die Zitrone hilft sehr gut.

Insgesamt macht mir so eine lange Überfahrt jedoch keinen besonderen Spaß. Berthold geht es mittlerweile ähnlich. Er hat ja nun auch schon sehr viele Seemeilen auf Überfahrten verbracht. Dieser häufig abgebrochene Schlaf, weil kaum liegt man im Bett viel Wind aufkommt und das Segel gewechselt werden muss, oder weil der Wind einschläft und das Segel gewechselt werden muss. Das zehrt schon ganz schön an der Energie. Aber – wir sind uns einig, die Stimmung ist gut und wir freuen uns, dass wir voraussichtlich am Freitag (heute ist Dienstag) ankommen werden.

Mittwoch: Seit gestern Nachmittag ist der Wind komplett eingeschlafen. Komplett heißt, teilweise scheinbaren Wind von 0,0 Knoten. Im Moment ist der scheinbare Wind 5,6 Knoten und der wahre Wind 10,3 Knoten. Zu wenig für irgendein Segel. Also läuft der Motor und MS Sempre due wird voraussichtlich in 40 Stunden ihr Ziel erreichen. Dafür gibt es auch keine Wellen mehr, das heißt ich werde morgen den Tag mit lesen verbringen können. Das Meer sieht aus wie in der Augsburger Puppenkiste.

Ereignis Mittwoch-Nachmittag: Mein feines Näschen wittert Kabelschmurgel-Geruch aus dem Backbord-Motorraum. Wir fahren aber zu dieser Zeit mit dem Steuerbord-Motor. Jedoch hatte ich ca. 1 1/2 Stunden vorher den Wassermacher eingeschaltet, der sich im Backbord-Motorraum befindet. Als wir den Motorraumdeckel öffnen kommt uns eine dicke weiße Qualmwolke entgegen. Wir schalten den Wassermacher sofort aus. Berthold stellt fest, dass der Elektromotor glühend heiß ist und als er die Sicherung entfernt, ist diese auch heiß und völlig oxydiert. Alle Segler werden es bestätigen: Feuer im Motorraum oder überhaupt an Bord, ist die absolute Horrorvorstellung und wirklich das allerschlimmste, das man sich auf einem Schiff vorstellen kann. Zum Glück war es nur der Wassermacher-Motor und zum Glück war es nur ein komplettes Überhitzen und Schmurgeln und kein Feuer.

Unser Wassermacher scheint längere Überfahrten nicht zu mögen. Er hat uns aber dennoch einiges an Wasser produziert, so dass wir mit einem fast zu drei viertel vollem Wassertank in den nächsten beiden verbleibenden Tagen mehr als locker auskommen werden. Also haben wir auch dieses Level gemeistert und tuckern weiter unserem Ziel entgegen.

Nächste Tierbegegnung: Eine Libelle wohnt seit einigen Stunden bei uns an Bord. Plötzlich war sie da. Erstaunlich wie weit von Land entfernt sie sich herumtreibt.

Am 05.05.2016 erreichen wir am Abend Bocas Del Toro. 20 Minuten vor Sonnenuntergang fällt der Anker in der Bucht Punta Bastimentos, vor der Insel Bastimentos. Wahnsinn, wie schöne es hier ist. Morgen früh fahren wir weiter zur Red Frog Marina. Wir sind sehr stolz auf unsere Leistung und setzen und mit Bier, Käse, eingelegten Artischockenherzen, Oliven, Nachos, Nüsschen und Crackers und Elektrokerzen auf die Lounge, lassen uns den Abendwind um die Nase wehen und genießen die unglaubliche Umgebung.

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Dieser Beitrag wurde unter 12/2015 bis 07/2016 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

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