Ein bisschen hatten wir gestern schon kein gutes Gefühl als wir zurück zu unserem Schiff kamen, weil eine französische Yacht wirklich seeehr dicht vor uns lag. Aber da wir das ja nun schon öfter ähnlich erlebt haben und die französischen Yachteigner erstaunlicher Weise meistens nicht englisch sprechen und häufig auch ein, ich will es einmal so nennen, sehr selbstbewußtes Auftreten an den Tag legen, wollten wir abwarten und beobachten, wie sich die Schiffe so verhalten.
Wir sind zwei-/dreimal nach vorne und haben versucht evtl. Blickkontakt mit dem neuen Nachbarn aufzunehmen, aber er ignorierte uns völlig und seine Frau schaute ganz schnell weg, als sie uns sah. Also konnten wir uns schon ein bisschen ausmalen, wie diese Diskussion ausgehen würde. Und darauf hatten wir keine Lust. Es ist ja eigentlich überall so, dass dort wo Menschen kein Gefühl für räumliche Distanz haben, sie auch kein Gefühl für zwischenmenschliche Distanz und Höflichkeit haben. So unsere Erfahrung.
Ich weiß, man darf ja speziell als deutscher Staatsbürger nicht schlecht über andere Landsmänner reden, aber unter Seglern sind die französischen Segler in den Ankerbuchten doch berühmt, um nicht zu sagen gefürchtet, für ihre flotte Fahrweise und ihre saloppe Art zu Ankern. Es ist eher ein „in die Bucht knallen, Anker rein fertig“. Gucken was passiert. Anker einfahren wird wohl völlig überbewertet.
Was diesmal passierte war, dass ich um viertel vor fünf heute Morgen durch ein lautes Klong gefolgt von einem zweiten Klong aufwachte. Da ich, wie ihr wisst, sowieso schon kein besonders gutes Gefühl mit dem neuen Nachbarn hatte bin ich nach oben um zu schauen was das war. Und tatsächlich – er war wohl noch weiter nach hinten gerutscht und stieß an unser Schiff. Sein Dinghy das in den Davits hing, hing in unserer Reling.
Ich habe Berthold geweckt, bin nach vorne und habe versucht auch unseren Nachbarn durch Rufen zu wecken. Aber der hatte einen sehr gesunden Schlaf. Ich mußte ihn sicher 10 mal rufen, bevor er ganz gemächlich nach oben kam und fragte, was denn sei, vermute ich, ich spreche kein französisch.
Ich erklärte ihm, dass sein Boot unser Boot berührt, es holte auch gerade zur nächsten Runde aus, und das Dinghy hing wieder in unserer Reling, so dass selbst unser verschlafener Nachbar es sehen konnte. Worauf hin er mir sagte, dass er nichts machen könne, sein Motor wäre kaputt. Und das bei einer AMEL 🙂 (Kleiner Scherz, die AMEL ist ein wirklich sehr teueres französisches Schiff und die Eigner immer sehr stolz)
Ich fragte ihn, wie er denn dann mitten ins Ankerfeld gekommen ist? Antwort: per Segel.
Ist das denn wahr? Da knallt der ohne auch nur die Möglichkeit zu manövrieren zu haben, unter Segel mitten in ein volles Ankerfeld, schmeißt den Anker ins Wasser und kümmert sich um nichts.
Da sein Anker, wie man in der Seglersprache sagt „auf Slip“ ging in der Nacht, hat er offensichtlich noch nicht einmal geschnorchelt und geschaut, ob der Anker sich wenigstens von selbst eingräbt, wenn er schon einem anderen Schiff so nah (6-7m) vor die Nase fährt und er mangels Motor nicht die Möglichkeit hat den Anker durch rückwärts fahren einzugraben.
Und so hat er sich beim aufkommenden Wind in der Nacht mal eben mindestens 10 m weiter nach hinten bewegt.
Was tun? Denn sein Schiff kam schon wieder gefährlich nahe an unsere Sempre due.
Wir mußten im Stockdunkeln Anker auf gehen und schauen, wo wir uns hinverlegen. Wie gesagt, das Ankerfeld ist ziemlich voll wegen der Regattaboote und es gibt etliche Schiffe ohne Ankerlicht und es ist natürlich nicht gerade zufällig eine klare helle Vollmondnacht, sondern es ist bewölkt, windig und kaum etwas zu erkennen.
Nach drei Ankerversuchen waren wir dann fürs erste zufrieden. Und es regnete in Strömen. An Schlaf war auf der Sempre due nicht mehr so recht zu denken. Während unser französischer Nachbar längst in seinem Bettchen schlummerte. Als wir Anker auf gingen war er schon wieder in seinem Schiff verschwunden.
So ganz allmählich wurde es auch hell. Wir liegen nicht wirklich gut und überlegen doch bald weiter zu fahren. Unser Nachbar ist jetzt auch schon wach (viertel vor neun), wie ich sehe, aber er macht keine Anstalten hier vorbei zu schauen. Vielleicht geht sein Dinghy Motor ja auch nicht 🙂 Na, wir werden sehen, man soll ja immer positiv denken.
Berthold ist gerade mit dem Dinghy in die Lagune gefahren, um die Gasflaschen auffüllen zu lassen. Wenn er zurück kommt ankern wir noch einmal um, denn die Regattaboote fahren schon raus und so gibt es wieder etwas mehr Platz. Dann werden wir noch ein paar Lebensmittel einkaufen und ich denke morgen geht es dann weiter.
„Heiße Nacht in der Karibik“ – Ursula, du weißt, wie du Schlagzeilen setzen musst!
Ich habe direkt runter gescrollt und nach Fotos gesucht… 😉
Da hat der Franzose ja Glück gehabt, dass noch ein kleines Stückchen Atlantischer Ozean zwischen ihm und dir war. Aus Solidarität habe ich dann heute Morgen auf Baguette und Croissants verzichtet. Das hat er jetzt davon!!